Unter Harndrang versteht man das Gefühl, die Blase entleeren zu müssen. Er ist in diesem Sinne ein normales Signal des Körpers, das dem Menschen erlaubt einen geeigneten Ort, im modernen Zeitalter eine Toilette, aufzusuchen. Harndrang ist demnach eine nötige und erwünschte Körperfunktion. Vielen Menschen leiden jedoch unter einem vermehrten oder sehr starken Harndrang, der kaum oder nicht zu unterdrücken ist (imperativer Harndrang). Dies kann Zeichen einer Funktionsstörung der Blase sein und sollte bei anhaltenden Beschwerden ärztlich abgeklärt werden.
Harndrang: Wie kommt es dazu?
Nur wenige Menschen wissen, dass es sich beim Harn (Urin) um ein Filterprodukt des Bluts handelt. Stündlich filtern die paarig angelegten Nieren bis zu 1800 Liter Blut [1]. Bei diesem Prozess entsteht Harn (Urin), über den „Giftstoffe“ des Körpers ausgeschieden werden. Die Nieren sind über die Harnleiter mit der Blase verbunden. Diese speichert den Harn, bis eine gewisse Füllmenge erreicht ist. Nervenfasern leiten die Information des Füllungszustand der Blase stets an das Gehirn weiter. Ist die Blase „voll“, so wird diese Information im Gehirn zu Harndrang verarbeitet.
Im Extremfall kann die Blase bis zu einem Liter Harn speichern [2]. Im Normalfall tritt jedoch bereits bei einer Füllmenge von 300 bis 600 Millilitern starker Harndrang ein [2]. Damit diese Funktion einwandfrei funktioniert, bedarf es gesunde Nervenverbindungen zwischen Blase und den dazugehörigen Hirnarealen sowie eine gesunde Blasenwand. Kommt es zu Schäden in einer dieser Komponenten, so kann der gesunde Ablauf von Blasenfüllung, Harndrang und Blasenentleerung gestört sein.
Wieviel Harndrang ist normal?
Laut Fachliteratur gelten ein siebenmaliges Wasserlassen (Miktion) am Tag und nicht mehr als eine Miktion in der Nacht als normal [3].
Neben dieser „Norm“ existiert ein „zu viel“ sowie ein „zu wenig“ an Harndrang und Miktion. So kann es z.B. bei Menschen mit Querschnittslähmung zu einem Ausfall von Harndrang kommen. Das Bedürfnis die Blase zu entleeren wird nicht mehr wahrgenommen.
Auf der anderen Seite leiden viele Menschen unter einem „zu viel“ an Harndrang. So kann Harndrang zu häufig oder auch zu plötzlich und sehr stark auftreten. Dies kann Anzeichen auf eine Erkrankung der Blase sein und sollte ärztlich abgeklärt werden.
Ebenso ist ein Harndrang der so stark und nicht beherrschbar ist, dass es zu einem ungewollten Harnabgang (Inkontinenz) kommt als „unnormal“ einzustufen.
Woran kann ein „zu viel“ an Harndrang liegen?
Prinzipiell muss beachtet werden, dass die oben genannte Menge von Toilettengängen in Folge von Harndrang von der Trinkmenge und Gewohnheiten der jeweiligen Person abhängig ist. Wird sehr viel getrunken, muss demnach ebenso häufiger zur Toilette gegangen werden. Besonders der Konsum von harntreibenden Getränken, wie z.B. Kaffee oder Alkohol, führt zu größeren Urinmengen. Eine weitere Ursache für häufigen Harndrang kann die Einnahme bestimmter Medikamente sein (z.B. Diuretika, auch „Wassertabletten“ genannt).
Oftmals liegt einem häufigen Harndrang auch ein aus „Gewohnheit“ häufiger Toilettenbesuch zu Grunde.
Ein längerfristig auftretender gehäufter Harndrang bei normaler Trinkmenge (etwa 2 Liter pro Tag) kann jedoch Anzeichen auf Erkrankungen der Nieren oder Blase sowie andere Grunderkrankungen (z.B. Diabetes mellitus) sein.
Kommt es vor allem Nachts zu gehäuftem Harndrang, kann dies Zeichen einer Herzinsuffizienz sein und sollte dementsprechend abgeklärt werden. Weitere Hinweise hierfür sind geschwollene Beine am Tage, die am nächsten Morgen abgeschwollen sind.
Ein sehr starker und plötzlich einsetzender Harndrang kann Zeichen einer Dranginkontinenz sein, die wiederum unterschiedliche Ursachen aufweist.
Tritt ein gehäufter Harndrang in Verbindung mit Schmerzen beim Wasserlassen auf, so kann dies Anzeichen einer Blasenentzündung sein.
Was kann gegen einen gesteigerten Harndrang getan werden?
Die Therapie ist immer abhängig von der jeweiligen Ursache.
Tritt ein „zu viel“ an Harndrang auf, sollte die Trinkmenge kontrolliert werden. Eventuell führt eine Reduktion auf eine gleichmäßig über den Tag verteilte Trinkmenge von 2 Litern pro Tag bereits zu einer Besserung der Symptomatik. Ebenso kann versucht werden harntreibende Getränke zu pausieren (Alkohol, Kaffee). Mit dem Arzt kann abgeklärt werden, ob die Einnahme von Medikamenten ursächlich ist; eventuell kann die Einnahme dann versuchsweise pausiert werden.
Prinzipiell ist es möglich die Blase zu trainieren, indem nicht jedem Harndrang sofort nachgegangen wird. Dies fördert die Speicherkapazität der Blase und baut ein gewisses „Gewohnheitsmuster“ des ständigen Toilettengangs ab. Um dem Harndrang entgegen steuern zu können, hilft es die Beckenbodenmuskulatur mit gezieltem Beckenbodentraining zu stärken. Dies stärkt den Verschlussmechanismus der Blase und ermöglicht ein gewolltes Zurückhalten des Harns.
Wann bestehen ernsthafte gesundheitliche Risiken?
Kommt es in Verbindung mit Harndrang zu einem wiederholt auftretenden ungewollten Abgang von Urin, sollte dies immer abgeklärt werden.
Ebenso sind Schmerzen im Becken oder Nierenbereich immer ärztlich zu beurteilen.
Tritt trotz normaler Trinkmenge über längere Zeit eine gehäufter Harndrang auf, so ist auch dies einem Arzt vorzustellen.
[1] „Gesunde Nieren und Nierenschutz.“, http://www.pkdcure.de/index.php?page=gesunde-nieren, 05.04.2018
[2] „Blasenschwäche bei Frauen: So funktioniert die Blase.“, http://www.bgv-blasenschwaeche.de/blase.html, 05.04.2018
[3] R. Tunn, E. Hanzal, D. Perucchini: Urogynäkologie in Praxis und Klinik. Walter de Guyter, 2009, S. 61f.