Harndrang kennt jeder – die Blase drückt und man verspürt das Bedürfnis diese zu entleeren. Wie oft die Blase entleert werden muss, hängt im Normalfall von der Trinkmenge ab. Wer viel trinkt, muss auch häufiger zur Toilette. Doch auch bei normaler Flüssigkeitszufuhr verspüren manche Menschen gehäuften Harndrang.Wie oft ist zu viel und woran kann ein gehäufter Harndrang liegen? Folgender Artikel wird diese Fragen sowie Tipps zu Behandlungsstrategien häufigen Harndrangs erläutern.
Das Wichtigste in Kürze:
Engl.: | frequent urination |
Verbreitung in der Bevölkerung: | Häufig |
Geschlechterverteilung: | Frauen häufiger betroffen als Männer |
Altersverteilung: | Häufigkeit steigend mit zunehmendem Alter |
Häufigste Ursachen: | große Trinkmenge, harntreibende Mittel, Blasenentzündung, Prostatahyperplasie, überaktive Blase |
Selbstdiagnose möglich: | Ja. Zur Ursachenabklärung jedoch Arzt erforderlich |
Selbstbehandlung ausreichend: | Je nach Ursache |
Ab welchen Symptomen zum Arzt: | Bei Schmerzen oder Fieber, bei anhaltendem Beschwerdebild oder unwillkürlichem Abgang von Urin |
Harndrang verständlich gemacht
Harn (Urin) wird rund um die Uhr von den paarig angelegten Nieren produziert; diese haben zur Aufgabe den Volumenhaushalt des Körpers auszubalancieren und das Blut per Filterung von Abfallstoffen zu befreien. Das Endprodukt dieses Vorgangs ist Urin; dieser wird dann von den Nierenbecken über die Harnleiter in die Blase weitergeleitet. Die Blase ist ein muskuläres Hohlorgan, das im kleinen Becken zu liegen kommt und der Speicherung des Urins dient. Die maximale Speicherkapazität des Organs beträgt in etwa 350 – 500 ml; ein erster Harndrang setzt in der Regel jedoch bereits bei einer Füllmenge von 150 – 250 ml ein [1].
Im Durchschnitt werden über den Tag verteilt etwa 1,5 – 2,5 Liter Urin produziert [2]. Diese Menge kann von Person zu Person und altersbedingt schwanken.
Wieviel Harndrang ist normal?
Wie oft Harndrang einsetzt und folglich zur Toilette gegangen werden muss, ist wie oben beschrieben von dem Fassungsvermögen der Blase sowie der Trinkmenge abhängig und somit individuell unterschiedlich. Zur Orientierung kann jedoch gesagt werden, dass bei normaler Trinkmenge (etwa 1,8 – 2,4 Liter pro Tag, je nach Körpergewicht) und dem Fehlen von starkem Schwitzen, Durchfall oder anderen Flüssigkeitsverlusten in etwa 4 bis 8 Blasenentleerungen pro Tag und nicht mehr als eine pro Nacht als „normal“ angesehen wird. Wird dies überschritten, kann von einem „häufigen Harndrang“ gesprochen werden.
Häufiger Harndrang: Woran kann das liegen?
Die Ursachen eines häufigen Harndrangs sind zahlreich.
Erste Maßnahme, um die Gründe eines häufigen Harndrangs zu entlarven, ist die Beobachtung des eigenen Durst- und Trinkverhaltens. Wird ein vermehrter Durst und demnach eine höhere Trinkmenge (Polydipsie) wahrgenommen, kann dies die Ursache des vermehrten Harndrangs sein. Eine Polydipsie kann ein psychisches Gewohnheitsmuster (psyochogene Polydipsie) darstellen oder Anzeichen körperlicher Grunderkrankungen, wie z.B. einer Blutzuckerkrankheit (Diabetes mellitus) oder einer Nierenerkrankung, sein. Es sei außerdem erwähnt, dass bestimmte Genussmittel, wie z.B. Kaffee, Alkohol und andere koffeinhaltige Getränke, oder bestimmte Medikamente (z.B. Diuretika) harntreibende Effekte haben und zu vermehrtem Harndrang führen können.
Können Trinkmenge, Genussmittel oder Medikamente als Ursache ausgeschlossen werden, müssen anderen Ursachen in Betracht gezogen werden.
Häufige Ursache eines vermehrten Harndrangs ist beispielsweise eine Blasenentzündung bzw. ein Harnwegsinfekt. Hierbei werden in der Regel pro Toilettengang nur kleine Mengen Urin ausgeschieden. Des Weiteren kann es beim Wasserlassen (Miktion) zu brennende Schmerzen kommen; eventuell ist eine Trübung des Urins zu beobachtet.
Beim Mann kann außerdem eine gutartige Prostatavergrößerung (beninge Prostatahyperplasie, BPH) oder eine Prostataentzündung (Prostatitis) die Ursache häufigen Harndrangs sein. Eine Prostatahyperplasie ist ein häufiges Krankheitsbild des älteren Mannes und macht sich unter anderem durch nächtliches Wasserlassen (Nykturie), einen abgeschwächten Harndrang sowie „Nachträufeln“ bemerkbar. Eine Prostataentzündung dagegen geht mit Schmerzen einher.
Oftmals kann keine organische Ursache gefunden werden.
In diesem Fall wird nicht selten eine überaktiven Blase („Reizblase“, engl. overactive bladder) diagnostiziert. Dieses Beschwerdebild weist einen unkontrollierbar starken Harndrang, häufiges Wasserlassen (>10 mal in 24 Stunden) sowie gegebenenfalls Schmerzen in der Blasengegend während der Miktion auf [3][4]. Bei der überaktiven Blase liegt eine willkürliche Aktivität des Blasenmuskels vor [5]. Warum es zu einer solchen „Hyperaktivität“ kommt, ist bis heute nicht ausreichend geklärt.
Ein häufiger Harndrang kann in manchen Fällen auch „antrainiert“ sein; sprich eine simple Gewohnheit sein.
Kommt es durch den häufigen Harndrang zu einem ungewolltem Urinabgang, so liegt eine Harninkontinenz vor.
Was kann gegen einen häufigen Harndrang getan werden?
Um die richtige Maßnahme gegen die Beschwerden zu finden, ist es wichtig die Ursache zu kennen (siehe oben) und diese gezielt zu therapieren. So muss beispielsweise eine Blasenentzündung oder eine Prostataerkrankung gezielt und unter Anleitung eines Arztes therapiert werden.
Prinzipiell sollte die Trinkmenge beobachtet werden und nicht über den Durst hinaus getrunken werden. Dabei sei erwähnt, dass eine zu geringe Trinkmenge Erkrankungen der Niere und der Harnwege begünstigt und Kreislaufbeschwerden verursachen kann. Das richtige Maß ist demnach entscheidend. Harntreibende Getränke, wie Kaffee und Alkohol, sollten gemieden werden.
Bei nächtlichem Harndrang sollte versucht werden, vor dem Schlafen gehen nicht oder nur wenig zu trinken.
Prinzipiell ist es ratsam, nur dann auf die Toilette zu gehen, wenn man auch wirklich muss und „vorsorgliche“ Toilettengänge zu vermeiden. Bei einsetzendem Harndrang kann versucht werden, diesem standzuhalten und die Entleerung der Blase hinauszuzögern (Blasentraining). Um dem Harndrang nicht direkt nachgeben zu müssen, benötigt es eine starke Beckenbodenmuskulatur, da diese Teil des Verschlussmechanismus der Blase darstellt. Eine Stärkung dieser durch gezieltes Beckenbodentraining ist demnach ein wichtiger Baustein des Managements häufigen Harndrangs.
Wann bestehen ernsthafte gesundheitliche Risiken?
Wie oben geschildert kann ein häufiger Harndrang Folge unterschiedlicher Grunderkrankungen sein. Um diese nicht zu übersehen und demnach untherapiert zu lassen, sollte eine länger bestehende Harndrang-Symptomatik durch einen Arzt abgeklärt werden.
Falls die Problematik mit Schmerzen, Fieber oder allgemeinem Unwohlsein einhergeht, sollte immer ein Arzt aufgesucht werden.
Nicht selten ist großer Durst und häufiges Wasserlassen erstes Anzeichen einer Zuckerkrankheit. Weitere Symptome hiervon können ein plötzlicher Gewichtsverlust und Müdigkeit sein. Eine Vorstellung beim Arzt ist hier absolutes Muss.
Prinzipiell kann ein häufiger Harndrang Vorstufe einer Dranginkontinenz darstellen; eine frühzeitige Abklärung dessen, kann helfen die Entwicklung in eine Inkontinenz zu vermeiden [6].
Quellenangaben:
[1] R. Hautmann, J. E. Gschwend: Urologie. Springer-Verlag, 2014, S. 120.
[2] „Max-Planck Institut für Psychiatrie: Abklärung einer hohen Trinkmenge.“, http://www.hypophyse-muenchen.de/pdf/Patiententag2011_Schaaf.pdf, 07.10.2018
[3] P. Stölting: „Neue Richtlinien zur überaktiven Blase.“, https://www.rosenfluh.ch/media/arsmedici/2012/24/Neue_Richtlinien_zur_ueberaktiven_Blase.pdf, 04.10.2018
[4] K. Weidner: Leitfaden Psychosomatische Frauenheilkunde. Deutscher Ärzteverlag, 2012, S. 206.
[5] M. Goepel: Patientenratgeber Blasenstörungen bei Erwachsenen und Kindern. Springer-Verlag, 2013, S. 19f.
[6] „Häufiger Harndrang.“, https://www.urologenzentrum.at/portfolio/haufiges-wasserlassen/, 04.10.2018