Wenn es zu ungewolltem Abgang von Harn (Urin) kommt, so ist im Volksmund oftmals von einer Blasenschwäche die Rede. Der zugehörige Fachbegriff, für das identische Beschwerdebild, ist die sogenannte Harninkontinenz. Eine Blasenschwäche kann im Laufe einer Blasenentzündung auftreten, darf mit dieser jedoch nicht gleichgestellt werden. Es handelt sich bei der Blasenschwäche um ein sehr häufiges Beschwerdebild und kann jede Altersgruppe betreffen, wobei die Häufigkeit mit steigendem Alter zunimmt [1]. Frauen sind dabei weitaus häufiger betroffen als Männer. Es existieren zahlreiche Ursachen, die zu einem ungewollten Harnabgang führen können. Der folgende Artikel wird dies und mögliche Therapieoptionen näher beleuchten.
Das Wichtigste in Kürze:
Synonyme: | Harninkontinenz, schwache Blase |
Lat.: | Incontinentia vesicae |
Engl.: | bladder weakness, bladder incontinence |
ICD-Code für diese Krankheit: | R32 |
Verbreitung in der Bevölkerung: | Häufig (5 bis 8 Millionen in Deutschland) |
Geschlechterverteilung: | 25% der Frauen, 11% der Männer |
Altersverteilung: | 10% bei 20-30 Jährigen, 25% bei 30-40 Jährigen, 40% bei 80 Jährigen |
Häufigste Ursachen: | Schwäche der Beckenbodenmuskulatur |
Selbstdiagnose möglich: | Ja. Zur Ursachenabklärung aber Arzt erforderlich |
Selbstbehandlung ausreichend: | Je nach Ursache |
Ab welchen Symptomen zum Arzt: | Bei anhaltendem unwillkürlichen Harnabgang |
Die Blase und deren Funktion
Die Blase ist ein dehnbares muskuläres Hohlorgan, das der Speicherung von Urin dient. Sie steht mittels den beiden Harnleitern mit den paarig angelegten Nieren in Verbindung, welche die Produktionsstätte des Urins darstellen. Rund um die Uhr wird hier das Blut gefiltert und gereinigt, wobei Urin entsteht. Um ein ständiges Wasserlassen zu umgehen, wird der Urin in die Blase geleitet, um dort bis zum nächsten Toilettengang gespeichert zu werden.
Die Blase befindet sich im kleinen Becken und verfügt über einen sogenannten inneren und äußeren Schließmuskel. Das Zusammenwirken dieser beiden Schließmuskel kontrolliert den Abgang des Urins. Der äußere Schließmuskel baut sich aus Muskelfasern der Beckenbodenmuskulatur zusammen und wird willentlich gesteuert.
Wird eine bestimmte Füllmenge der Blase (200 bis 300 ml) erreicht, wird diese Information über Nervenbahnen an das Gehirn weitergeleitet; Harndrang setzt ein. Beim Aufsuchen der Toilette zieht sich die Blasenwand zusammen und die Schließmuskel entspannen sich; die Blase wird entleert. Die Funktion der Blase hängt folglich von mehrfachen Strukturen des Körpers ab.
Wann spricht man von einer Blasenschwäche?
Wenn die Funktion der Blase nicht ausreichend kontrolliert werden kann, so kommt es zu einem ungewollten Urinabgang zwischen den Toilettengängen. Bereits bei einem ungewollten Abgang von nur wenigen Tropfen Urins, kann von einer Blasenschwäche die Rede sein. Je nach Menge des ungewollten Urinabgangs, wird die Harninkontinenz in unterschiedliche Schweregrade eingeteilt.
Blasenschwäche: Woran kann das liegen?
Eine Blasenschwäche kann auf zahlreiche Ursachen zurückgeführt werden. Prinzipiell kann es immer dann zu einer Blasenschwäche kommen, wenn oben genannte Strukturen (z.B. Nervengeflechte, Schließmuskel, dazugehörige Hirnareale usw.) geschädigt oder deren Funktion eingeschränkt ist. Oftmals ist eine Kombination mehrerer Struktur- bzw. Funktionsstörungen verantwortlich.
Die häufigste Ursache einer Blasenschwäche bei Frauen ist eine Schwäche des Beckenbodens und eine daraus resultierende Funktionsminderung des Schließmuskels. Mit steigendem Alter verliert das Gewebe des Beckenbodens alters- und hormonbedingt Elastizität und Kraft. Bei jungen Frauen spielen Schwangerschaft und eventuelle Verletzungen des Beckenbodens während der Entbindung eine entscheidende Rolle bei der Entstehung einer Beckenbodenschwäche. Weitere Risikofaktoren für eine Schwäche des Beckenbodens sind Übergewicht und Operationen im Bereich des kleinen Beckens. Bei einer Beckenbodenschwäche kommt es vor allem bei erhöhtem Druck im Bauchraum (z.B. durch Husten, schweres Heben, Pressen, körperliche Belastung) zu ungewolltem Urinabgang. Man spricht dann von einer Stress– bzw. Belastungsinkontinenz. Bei Männern ist eine operative Prostataentfernung (radikale Prostatektomie) Hauptursache einer Belastungsinkontinenz [1].
Neben der Belastungsinkontinenz gibt es Formen der Blasenschwäche, bei der es unabhängig von körperlicher Aktivität zu einer Inkontinenz kommt. Die häufigste Form ist hier die sogenannte Drang– bzw. Urgeinkontinenz. Bei diesem Beschwerdebild kommt es zu einem sehr starken und plötzlichen Harndrang, dem willentlich nicht standgehalten werden kann. Die Dranginkontinenz ist die häufigste Inkontinenzform des Mannes [2]. Ursächlich für dieses Beschwerdebild ist eine überaktive Blasenmuskulatur. Bei Frauen kann diese Form der Inkontinenz Folge häufiger Blasenentzündungen sein [3].
Andere Formen der Blasenschwäche sind die Reflex– und Überlaufinkontinenz sowie Mischformen der oben Beschriebenen Inkontinenzformen.
Eine Blasenschwäche kann außerdem auf psychischen Faktoren, Verstopfung (Obstipation), Medikamentennebenwirkungen und Grunderkrankungen, wie z.B. Tumoren, multiple Sklerose oder Parkinson basieren. Letzteres zählt zu den seltenen Ursachen einer Blasenschwäche.
Sehr häufig ist eine Blasenschwäche Teil einer Blasenentzündung. Diese geht meist mit Brennen beim Wasserlassen und häufigem Harndrang mit kleinen Urinmengen einher.
Wie können die Beschwerden gelindert werden?
Die Therapie einer Blasenschwäche richtet sich immer nach Schwere und Form des Beschwerdebilds. Prinzipiell wird versucht, die jeweilige Ursache gezielt zu therapieren. Besteht beispielsweise der Verdacht, dass Medikamente für die Beschwerden verantwortlich sind, müssen diese mit dem behandelten Arzt pausiert oder durch andere Medikamente ersetzt werden.
Kann eine bestimmte Form der Blasenschwäche (siehe oben) klar diagnostiziert werden, bestehen individuelle Therapieansätze.
Bei fast allen Formen der Blasenschwäche wird empfohlen, die Beckenbodenmuskulatur zu trainieren. Dies kann in Form eines gezielten Beckenbodentrainings erreicht werden. Ziel ist es, den Schließmuskel zu stärken und eine bessere Kontrolle dessen zu erreichen.
Um den Beckenboden und somit den Schließmuskel nicht zusätzlich zu belasten, ist bei bestehendem Übergewicht eine Gewichtsreduktion zu empfehlen.
Wenn die Blasenkontrolle nicht ausreichend wiedererlangt werden kann, ist es wichtig sich über Hilfsmittel wie z.B. Einlagen zu informieren und diese anzuwenden.
Wann bestehen ernsthafte gesundheitliche Risiken?
Viele Menschen suchen bei Symptomen einer Blasenschwäche keine oder zu späte Hilfe auf. Grund hierfür ist oft, das mit dem Thema assoziierte, Schamgefühl. Eine Blasenschwäche kann jedoch in den meisten Fällen gut therapiert werden; eine über mehrere Tage bestehende Blasenschwäche sollte daher immer einem Arzt vorgestellt werden.
Eine unbehandelte Blasenschwäche kann sowohl seelische als auch körperliche Risiken mit sich bringen. Nicht selten führt die Angst vor dem Malheur zu sozialem Rückzug und Vereinsamung. Zu den körperlichen Folgerisiken zählen, durch das Einnässen verursachte, Reizungen und Infektionen im Schambereich und der Blase.
Es sei außerdem erwähnt, dass eine Blasenschwäche Symptom einer ernstzunehmenden Grunderkrankung ( z.B. Tumore, Rückenmarksverletzungen) darstellen kann. Um eine solche Grunderkrankung auszuschließen, sollte eine Blasenschwäche prinzipiell einem Arzt vorgestellt werden.
Bei Begleitbeschwerden wie Fieber oder Schmerzen im Unterleib sollte umgehend ärztlicher Rat aufgesucht werden.
Quellenangaben:
[1] R. Tanzberger: Der Beckenboden: Funktion, Anpassung und Therapie. Elsevier, Urban und Fischer Verlag, 2009, S. 6.
[2] C. Niederstadt et al.: „Harninkontinenz: Gesundheitsberichterstattung – Themenhefte, September 2007.“, http://www.gbe-bund.de/gbe10/abrechnung.prc_abr_test_logon?p_uid=gast&p_aid=0&p_knoten=FID&p_sprache=D&p_suchstring=11170, 29.09.2018
[3] „Blasenschwäche bei Frauen.“, https://www.bgv-blasenschwaeche.de/blasenschwaeche.html, 28.09.2018