Viele der Patienten, die Jahr für Jahr in Deutschland einen Bandscheibenvorfall (= Bandscheibenprolaps) erleiden, sind vor die Frage gestellt, ob sie sich zu einer Bandscheiben-Operation (Nukleotomie) entschließen sollen oder lieber nicht. Welche Entscheidungshilfen geben in dieser Situation die Studienergebnisse und Leitlinien der letzten Jahre?
Überblick auf das Geschehen bei einem Bandscheibenprolaps:
Eine Bandscheibe besteht aus einem inneren weichen, gallertigen Kern und einem äußeren faserigen, festen Ring. Bei einem Bandscheibenvorfall schiebt sich degenerationsbedingt der innere Gallertkern durch den äußeren faserigen Ring. Diese gallertige Masse kann in verschiedene Richtungen aus dem Faserring austreten: nach hinten in Richtung Spinalkanal mit Druck auf das darin verlaufende Rückenmark, nach seitlich in ein Zwischenwirbelloch wo sie die Nervenwurzel komprimiert oder am häufigsten zwischen Zwischenwirbelloch und Spinalkanal. Von einer Radikulopathie spricht man, wenn der Spinalnerv durch den ausgetretenen Gallertkern komprimiert wird, wodurch es zu Motorik- und Gefühlsstörungen kommen kann. Bandscheibenvorfälle im Lendenbereich sind wesentlich häufiger als im Hals- oder Brustbereich, weshalb an dieser Stelle vorzugsweise auf den Bandscheibenprolaps in der Lendenwirbelsäule eingegangen wird.
Die wichtigsten Bausteine der konservativen Therapie sind:
- Bettruhe – aber nicht mehr als 4 Tage, dann leichte bis mäßige Belastung sowie Physiotherapie, Stufenlagerung ist hilfreich
- Wärmeanwendung
- Gabe von nichtsteroidalen Schmerzmitteln (NSAR) und Muskelrelaxantien, um die Muskelverspannungen zu lösen; evtl. lokale Injektionsbehandlung mit Betäubungsmitteln unter Durchleuchtungskontrolle
- Nach Abklingen der akuten Erscheinungen Anwendung von Massage und Elektrotherapie; manuelle Therapie ist bei Bandscheibenvorfällen nicht angezeigt.
Wann ist eine Nukleotomie unbedingt erforderlich?
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie gibt als Indikation an:
- Möglichst umgehend ist eine Operation erforderlich, wenn so viel Gallertmasse der Bandscheibe auf das Nervenfaserbündel im unteren Teil des Wirbelkanals (Cauda equina) drückt, dass es zu Gefühlsstörungen in der Gesäß- und Oberschenkelregion kommt und auch motorische Ausfälle der Bein-und Fußmuskulatur zu verzeichnen sind.
- Ebenfalls absolute Indikationen zur OP sind Blasen- und Mastdarmlähmungen sowie akute Ausfallserscheinungen funktionell wichtiger Muskeln (z. B. Fußheber)
- Als relative Indikation gelten (mindestens über 6 Wochen) anhaltende, therapieresistente Schmerzen, die gesichert mit der Bildgebung – vor allem im MRT – übereinstimmen.
Welche Arten der Nukleotomie gibt es?
In den letzten Jahren haben sich neben der konventionellen Nukleotomie, also der Operation zur Entfernung von ausgetretenem Bandscheibengewebe, auch verschiedene neuere Methoden der minimal-invasiven Chirurgie etabliert. Man unterscheidet:
Konventionelle Verfahren
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- Konventionelle offene Nukleotomie: In Bauchlage des Patienten wird in Vollnarkose nach Spaltung des hinteren Längsbandes die Bandscheibe entfernt und alternativ durch eine künstliche ersetzt oder die Wirbelsäule in diesem Bereich versteift.
Minimal invasive Verfahren
- Mikrochirurgische Nukleotomie: Es wird nur ein sehr kleiner Hautschnitt (ca. 3 cm) benötigt, über den ein Operationsmikroskop eingeführt wird. Unter visueller Kontrolle können nun die Bandscheibenteile mit kleinen Fasszangen entfernt werden. Auch in den Wirbelkanal eingedrungenes Bandscheibengewebe (Sequester) kann exakt entfernt werden.
- Minimal-invasive perkutane Bandscheiben-Operation: Mit Methoden der Schlüssellochchirurgie kann der Operateur sehr schonend die entsprechenden Bandscheibenteile entfernen. Er verwendet dafür eine Punktionskanüle, über die sämtliche Instrumente eingeführt werden. In einem neueren Verfahren wird zusätzlich ein Lasergerät eingesetzt, das in die Bandscheibe vorgeschoben wird und die dort befindliche Gewebeflüssigkeit verdampft. Die Bandscheibe schrumpft auf diese Weise und der Druck auf die Nervenwurzel ist reduziert.
- Minimal-invasive endoskopische Bandscheiben-Operation: In Seitenlage wird ein Zugang zur Bandscheibe über ein Zwischenwirbelloch (Foramen) gewählt und mithilfe des Endoskops werden alle ausgetretenen Bandscheibenanteile entfernt. Diese Methode wird als die schonendste angesehen.
Generell können die minimal-invasiven Verfahren bei unkomplizierten Bandscheibenvorfällen eingesetzt werden. Sie werden meist in Lokalanästhesie vorgenommen und zeichnen sich durch eine größere Schonung des Gewebes, ein geringeres Infektionsrisiko und einen schnelleren Heilungsverlauf aus.
Gibt es schwerwiegende Komplikationen?
Neben den üblichen OP-Risiken (Narkose, Infektion, Blutungen vor allem bei offenen Verfahren) ist das sogenannte Postnukleotomiesyndrom anzuführen. Es entsteht durch Narbenbildung und Reizung des Nervengewebes nach der OP und äußert sich in hartnäckigen, brennenden Rückenschmerzen, die kaum auf Therapie ansprechen. 15 Prozent der Operierten leiden unter derartigen Spätschäden.
Zu viele Bandscheiben-Operationen
in Deutschland?
In Deutschland werden jährlich zwischen 150.000 und 200.000 Bandscheiben- Operationen durchgeführt, mehr als in allen anderen europäischen Ländern. Viele der Patienten würden mit der notwendigen Geduld wohl auch mit konservativer Therapie behandelbar sein. Dennoch besagen einige Studien zunächst einen Vorteil der operativen Therapie, der sich aber schon nach 2 Jahren ausgleicht. Dann sind beide Behandlungsarten nahezu ebenbürtig. Auch die große SPORT-Studie (Spine Patient Outcomes research trial) kam zu keinem eindeutigen Ergebnis, ob die operative Therapie überlegen ist.
Behandlung von Gelenk-, Muskel- und Sehnenschmerzen
Bei Gelenk-, Muskel- und Sehnenschmerzen, die mit einer akuten oder lang andauernden Entzündung einhergehen, wird häufig eine Behandlung mit Diclofenac empfohlen [1]. Eine Entzündung erkennt man an einer Überwärmung und Rötung des betroffenen Körperteils, einer Schwellung und an der schmerzhaft eingeschränkten Funktion. Diese Entzündung ist häufig Folge einer lang andauernden Fehl- oder Überbelastung des Körperteils.
Der Wirkstoff Diclofenac wirkt stark entzündungshemmend und etwas schwächer schmerzlindernd [1]. Besonders Gele, Salben und Sprays sind eine beliebte Anwendungsform in der Selbsttherapie. Diese sogenannten topischen Darreichungsformen haben den großen Vorteil, dass sie direkt auf die schmerzhaft entzündete Stelle aufgetragen werden können und dort ihre hohe Wirkstoffkonzentration entfalten können. Diclofenac findet sich zum Beispiel in „Voltaren Schmerzgel forte“ oder in „Diclofenac Heuman Gel“ oder in „Diclofenac ratiopharm Gel“. Diese Gele oder Cremes können mehrmals täglich dünn auf das betroffenen Körperteil aufgetragen werden. Die Gefahr eine Überdosierung besteht praktisch nicht.
Quellen:
Grifka & Schäfer, Unfallchirurgie, 9. Auflage von 2013, Springer- Verlag
Predel HG., et al.: Efficacy of a comfrey root extract ointment in comparison to a diclofenac gel in the treatment of ankle distortions: Results of an observer-blind, randomized, multicenter study. Phytomedicine. 2005; 12:707-714
http://operation-wirbelsaeule.de/operationen/minimal-invasive-bandscheiben-op
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/57074/Ischialgie-SPORT-Studie-sieht-Bandscheibenoperation-langfristig-im-Vorteil
http://operation-wirbelsaeule.de/operationen/bandscheiben-op/
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/030-058l_S2k_Lumbale_Radikulopathie_2013_1.pdf
http://www.neuro24.de/show_glossar.php?id=1941
http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00132-008-1226-4#page-1