Natürliches Knorpelgewebe im Knie wurde in Deutschland erstmals im Jahre 2002 durch synthetische Implantate ersetzt. Seitdem wurde dieses Operationsverfahren mit guten Heilungserfolgen weltweit bei Zehntausenden Patienten angewendet.
Definition
Künstlicher Knorpel am Knie unterscheidet sich von seinem biologischen “Prototypen” dadurch, dass er nicht während der Embryonalentwicklung aus körpereigenem Zellmaterial angelegt, sondern im industriellen Maßstab aus Kunststoffen gefertigt und eingesetzt (implantiert) wird. Man kann künstlichen Knorpel grob in zwei Gruppen unterteilen. Zum einem wird Knorpel eingesetzt, der permanent im menschlichen Körper verbleibt. Diese Art von künstlichem Knorpelersatz integriert sich in die umliegende Knochen- und Gewebematrix und füllt langfristig formal und funktionell Platz und Rolle der zuvor operativ entfernten geschädigten Knorpelbestandteile aus. Diese zylindrischen Implantate bestehen – ähnlich wie weiche Kontaktlinsen – aus einem sehr verträglichen Hydrogel. Komplikationen durch Abstoßungen oder allergische Reaktionen sind nicht bekannt bzw. treten sehr selten auf. Die Implantate zeichnen sich ferner durch ein hohes Maß an Robustheit und Unempfindlichkeit gegenüber der Einwirkung physikalischer Zug- und Scherkräfte aus, unterliegen – wenn überhaupt – nur einem geringfügigen Gebrauchsverschleiß bzw. Abnutzung und sind auf Stabilität und Langlebigkeit angelegt.
Bei der zweiten Gruppe künstlichen Knorpels für Knie werden Implantate eingesetzt, die spätestens nach 21 Monaten komplett abgebaut (resorbiert) und optisch durch bildgebende Verfahren nicht mehr nachweisbar sind. Diese Implantate aktivieren die “Selbstheilungskräfte” des Körpers, indem sie die Einwanderung körpereigener Zellen durch die poröse Struktur ermöglichen, ihr Wachstum stimulieren und durch ihren dreischichtigen, dem natürlichen Vorbild nachempfundenen Aufbau die kontrollierte Bildung eines natürlichen Ersatzknorpels dirigieren.
Vorteile
Die entsprechenden Operationsmethoden gehören mittlerweile zum etablierten medizinischen Standard. Mittlerweile werden die Kosten für derartige Routine-Operationen auch von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Es handelt sich um einen minimal-invasiven Eingriff, der mit einem verhältnismäßig kleinen Einschnitt (in der Regel 3 cm) auskommt, was die Wundheilung begünstigt und das Infektionsrisiko minimiert. Im Gegensatz zu anderen Therapieverfahren ist hierbei lediglich eine Operation erforderlich, die ohne eine weitgehende Entnahme bzw. Verpflanzung eigenen Körpermaterials auskommt. Ferner wird durch diese Art der Knorpelwiederherstellung die Implantation einer Teil- oder Vollprothese gänzlich vermieden bzw. hinausgezögert. Zudem beugen diese Methoden der Entwicklung einer Arthose aufgrund des fortgesetzten, infolge der Knorpelverletzung überdurchschnittlich ausgeprägten, Verschleißes des Kniegelenks wirksam vor.
Der Eingriff an sich sowie die sich daran anschließende Einheilungsphase gehen in der Regel kurz, schmerzlos und komplikationsfrei vonstatten. Die Patienten gewinnen sehr schnell ihre Bewegungsfähigkeit zurück, womit eine erhebliche Steigerung der Lebensqualität, Aktivität und Lebensfreude verbunden ist. Bereits kurz nach der Implantation ist das Kniegelenk wieder zumindest teilweise belastbar, was eine rasche Rückkehr in den Alltag erlaubt. Die volle Belastbarkeit ist nach einer verhältnismäßig kurzen Rehabilitationszeit wiederhergestellt, was diesen Eingriff insbesondere für Patienten im Spitzensportbereich als lohnenswerte Option und Heilbehandlungsmethode erster Wahl erscheinen lässt. Außerdem ist dieser Eingriff auch bei “jüngeren” Patienten angezeigt, denen aus Altersgründen von einer Teilprothese abgeraten wird.
Nachteile
Dennoch sollte klargestellt werden, dass es sich hierbei um keine Allzweckwaffe handelt, die imstande ist, jeglichen möglichen Knorpeldefekt wirksam zu behandeln oder gar zu heilen. Die Implantation eines künstlichen Knorpels fürs Knie bleibt demnach vor allem Patienten mit lokal stark begrenzten, gering ausgedehnten und oberflächlichen Knorpelanomalien vorbehalten. Angezeigt ist die Methode bei ersten Verschleißerscheinungen am Knieknorpel sowie Sportverletzungen. Ein geringer Patientenanteil klagte über starke Schmerzen in der Einheilungsphase, die jedoch durch weitere therapeutische Interventionen wirksam gelindert werden konnten. Langzeiterfahrungen liegen noch nicht vor. Die Verpflanzung eines Permanentknorpels ist bei circa 90 % der Patienten noch nach 3 Jahren als geglückt zu bezeichnen. Dies spricht für die Haltbarkeit und Stabilität des synthetischen Knorpels. Mittlerweile sind jedoch Zweifel an der Integrität bzw. der Authentizität des neu gebildeten körpereigenen Knorpelmaterials nach der Implantation mit resorbierbarem Substrat laut geworden. Die Substanz des Zweitknorpels entspricht nicht 100 % der natürlichen Anordnung und Zusammensetzung des gesunden Knorpels, sodass im Vergleich zum “echten” Vorbild eine geringere Widerstandsfähigkeit gegenüber Beanspruchung und Belastung und somit ein höheres Verschleißpotenzial angenommen wird.