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Häufiger Harndrang (Frau): Definition, Ursachen & Therapie

Harndrang beschreibt das natürliche Gefühl die Blase entleeren zu müssen.

Im Normalfall tritt er in etwa vier bis acht mal pro Tag auf. Wenn ein ständiges Aufsuchen der Toilette von Nöten ist, so kann dies vorübergehend durch bestimmte Einflussfaktoren wie z.B. eine hohe Trinkmenge verursacht sein. Halten die Beschwerden jedoch länger an oder bestehen Begleitsymptome, wie Schmerzen oder ungewollter Urinabgang, so ist es wichtig abzuklären, wo die Ursache des Problems liegt und was dagegen getan werden kann. Folgender Artikel bietet einen allgemeinen Überblick über das Beschwerdebild des häufigen Harndrangs bei der Frau.

Das Wichtigste in Kürze

Engl.: frequent urination
Verbreitung in der weiblichen Bevölkerung: Häufig
Geschlechterverteilung: Frauen häufiger betroffen als Männer
Altersverteilung: Häufigkeit steigend mit zunehmendem Alter
Häufigste Ursachen: große Trinkmenge, harntreibende Mittel, Blasenentzündung, überaktive Blase
Selbstdiagnose möglich: Ja. Zur Ursachenabklärung jedoch Arzt erforderlich.
Selbstbehandlung ausreichend: Je nach Ursache.
Ab welchen Symptomen zum Arzt: Bei Schmerzen oder Fieber, bei anhaltendem Beschwerdebild oder unwillkürlichem Abgang von Urin

Harndrang verstehen

Harn (Urin) stellt ein Abfallprodukt des Körpers dar. Zum einen wird mittels der Harnproduktion der paarig angelegten Nieren überschüssige Flüssigkeit aus dem Körper geleitet. Zum anderen ist die Ausscheidung von Urin wichtig, um Stoffe, die im Körper anfallen und ausgeschieden werden müssen, loszuwerden. Je nach Trinkmenge und anderen Einflussfaktoren werden über den Tag verteilt etwa 1,5 – 2,5 Liter Urin produziert [1].

Von den Nieren wird der Urin über die Harnleiter in die Blase geleitet. Diese kommt im Becken über dem Beckenboden und in direkter Nachbarschaft zur Gebärmutter (Uterus) zu liegen. Die sogenannte Harnröhre schließt sich der Blase an und leitet den Urin aus dem Körper. Gemeinsam verfügen Blase und Harnleiter über zwei Schließmuskel, damit Urin nicht ungewollt abgeht; in anderen Worten damit eine Kontinenz gewährleistet wird.

Die Blase dient somit der Speicherung des Urins und kann bis zu 500 ml Flüssigkeit halten; ein erster Harndrang setzt in der Regel jedoch bereits bei einer Füllmenge von 150 – 250 ml ein [2].

Blase und Gehirn stehen über komplexe Nervenverschaltungen in ständigem Kontakt; so wird das Gehirn durchgehend über die Füllmenge der Blase informiert. Wird die oben genannte Füllmenge erreicht, so generiert das Gehirn die Empfindung „Harndrang“. Beim Aufsuchen der Toilette wird der Blasenmuskel angespannt und die Schließmuskel von Blase und Harnröhre entspannt. Die Blase wird entleert.

Einflussfaktoren der Urinproduktion

Harndrang kann, muss aber nicht mit einer erhöhten Urinproduktion einhergehen, denn wenn mehr Harn produziert wird, muss folglich auch mehr ausgeschieden und demnach häufiger zur Toilette gegangen werden.

Wieviel Harn produziert wird hängt von vielen Faktoren ab.

An erster Stelle stehen hierbei die Trinkmenge sowie das Körpergewicht. Des Weiteren existieren Genussmittel, wie z.B. Alkohol und koffeinhaltige Getränke, die zu einer erhöhten Urinproduktion führen und demnach auch gehäuften Harndrang mit sich bringen.

Einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss haben außerdem Medikamente, die eine vermehrte Harnausscheidung zum Ziel haben; sogenannte Diuretika oder auch „Wassertabletten“ genannt. Sie werden bei Krankheitsbildern, wie z.B. Bluthochdruck (Hypertonie) oder Herzschwäche (Herzinsuffizienz) eingesetzt.

Auch gewisse Krankheitsbilder können zu einer vorübergehenden Erhöhung der Harnproduktion führen. So kommt es beispielsweise beim Vorliegen von Wasseransammlungen in den Beinen (Ödemen) in liegender Position häufig zum Abschwellen dieser. Das absorbierte Wasser muss dementsprechend ausgeschieden werden; da das Abschwellen vor allem im Liegen geschieht, kommt es hierbei zu einem gehäuftem Wasserlassen in der Nacht, was unter Fachmännern als Nykturie bezeichnet wird.

Eine weiteres Beispiel für Krankheitsbilder, die Einfluss auf die Urinproduktion nehmen, ist die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), da hier vermehrt Zucker ausgeschieden werden muss. Um diesen löslich zu halten muss auch mehr Urin ausgeschieden werden.

Häufiger Harndrang ohne vermehrte Urinproduktion

Manche Frauen produzieren zwar nicht mehr Harn als normal, müssen jedoch trotzdem ständig zur Toilette. Man spricht dann von einer sogenannten Pollakisurie – also ein häufiger Harndrang bei dem kleine Urinmengen pro Toilettengang ausgeschieden werden und somit eine normale Urinmenge über den Tag verteilt besteht [3].

Eine häufige Ursache für eine Pollakisurie bei Frauen ist ein bestehender Harnwegsinfekt (Blasenentzündung); typische Symptomatik ist hier neben der Pollakisurie ein erschwertes Wasserlassen mit dabei auftretenden Schmerzen bzw. Brennen (Dysurie) [3].

Weitere Ursachen für ein Pollakisurie können Blasensteine oder Blasentumore sein [3].

Ebenso kann eine Erkrankung der Gebärmutter (Uterus) für das häufige Wasserlassen verantwortlich sein. So können beispielsweise eine Gebärmuttersenkung (Descensus uteri) oder gut- und bösartige Tumorerkrankungen (z.B. Myome) dieses Organs einen Druck auf die Blase ausüben und so einen häufigen Harndrang verursachen.

Oftmals kann jedoch keine organische Ursachen für die ständige Harndrang-Symptomatik gefunden werden.

In diesem Fall wird nicht selten eine überaktive Blase („Reizblase“, engl. overactive bladder = OAB) diagnostiziert. Bei diesem Beschwerdebild treten typischerweise ein unkontrollierbar starker Harndrang, häufiges Wasserlassen (>10 mal in 24 Stunden) sowie gegebenenfalls Schmerzen in der Blasengegend während des Wasserlassens auf [4][5]. Bei diesem Beschwerdebild liegt, wie der Name schon vermuten lässt, eine Überaktivität des Blasenmuskels vor, der sich bereits bei geringer Füllmenge zusammenzieht und so Harndrang auslöst. Warum es zu einer solchen „Hyperaktivität“ kommt, ist bis heute nicht ausreichend geklärt. Eine überaktive Blase kann mit oder ohne ungewollten Urinabgang (Harninkontinenz) einhergehen. Man spricht dementsprechend von einer „nassen“ oder „trockenen“ OAB.

In manchen Fällen kann ein gehäufter Harndrang auch ein simples Gewohnheitsmuster darstellen. Nicht selten gehen Menschen vorsorglich zur Toilette. Man weiß beispielsweise auch, dass Menschen mit Schlafstörungen nachts häufiger die Toilette aufsuchen; nicht weil sie wirklich müssen, sondern als Ablenkungsstrategie während dem nächtlichen Wachliegen.

Was kann gegen einen häufigen Harndrang getan werden?

Der gehäufte Harndrang muss je nach Ursache gezielt therapiert werden.

Liegt eines der oben genannten Krankheitsbilder, wie z.B. ein Harnwegsinfekt oder eine Zuckerkrankheit vor, so muss dieses therapiert werden. Mit der Behandlung der Grunderkrankung wird es ebenso zu einem Rückgang der Harndrang-Symptomatik kommen.

Prinzipiell sollten Frauen mit gehäuftem Harndrang Ihre Trink– sowie Toilettengang-Gewohnheiten beobachten. Wird über den Durst hinaus getrunken oder werden vermehrt harntreibende Getränke konsumiert, sollte dies reduziert werden. Bei einem nächtlichem Harndrang ist es ratsam vor dem Schlafengehen nichts mehr zu trinken.

Prinzipiell sollte nur dann eine Toilette aufgesucht werden, wenn man auch wirklich muss;  „vorsorgliche“ Toilettengänge sollten vermieden werden.

Bei einer OAB wird empfohlen bei einsetzendem Harndrang, diesen aktiv zu unterdrücken, um die Anzahl der Toilettengänge zu kontrollieren; ein solches Blasentraining sollte bestmöglich unter regelmäßiger Anleitung erfahrener Ärzte oder Therapeuten stattfinden [6]. Reicht dies nicht aus, so existieren medikamentöse Möglichkeiten: Sogenannte Anticholinergika helfen die unwillkürliche Blasenmuskelaktivität zu hemmen [6].

Um dem Harndrang nicht direkt nachgeben zu müssen, benötigt es eine starke Beckenbodenmuskulatur, da diese Teil des Verschlussmechanismus der Blase darstellt. Besonders Frauen neigen zu einer Schwäche des Beckenbodens. Eine Stärkung des Beckenbodens durch gezieltes Beckenbodentraining ist demnach ein wichtiger Baustein des Managements häufigen Harndrangs.

 

 

Quellenangaben

[1] „Max-Planck Institut für Psychiatrie: Abklärung einer hohen Trinkmenge.“, http://www.hypophyse-muenchen.de/pdf/Patiententag2011_Schaaf.pdf, 10.12.2018

[2] R. Hautmann, J. E. Gschwend: Urologie. Springer-Verlag, 2014, S. 120.

[3] K. Goerke, C. Junginger: Pflege konkret Gynäkologie Geburtshilfe. Elsevier Health Sciences, 2018, S. 125.

[4] P. Stölting: „Neue Richtlinien zur überaktiven Blase.“, https://www.rosenfluh.ch/media/arsmedici/2012/24/Neue_Richtlinien_zur_ueberaktiven_Blase.pdf, 10.12.2018

[5] K. Weidner: Leitfaden Psychosomatische Frauenheilkunde. Deutscher Ärzteverlag, 2012, S. 206.

[6] T. Meißner: „Dranginkontinenz: Bei überaktiver Blase zuerst Verhaltens- und Blasentraining.“, https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/urologische-krankheiten/harninkontinenz/article/944440/dranginkontinenz-ueberaktiver-blase-zuerst-verhaltens-blasentraining.html, 10.12.2018

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