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Vertebroplastie und Kyphoplastie – Wann ist eine Anwendung sinnvoll?

Vertebroplastie, Kyphoplastie, Wirbelkörperbruch, Wirbelkörperfraktur

Vertebroplastie und ihre Weiterentwicklung, die Kyphoplastie, sind minimal-invasive Verfahren der Wirbelsäulenchirurgie zur Stabilisierung schmerzhafter Wirbelkörperbrüche. Als neuere Methode ist die Kyphoplastie heute eindeutig in den Vordergrund gerückt. Die unterschiedliche Technik in der Durchführung der beiden Methoden bedingt Unterschiede in der Anwendung, die individuell von Fall zu Fall zu entscheiden ist. Insgesamt gilt, dass ein operatives Einschreiten erst nach 3–6 Wochen intensiver konservativer Therapie (Schmerztherapie, Krankengymnastik und evtl. Korsett) in Betracht kommt.

Vertebroplastie und Kyphoplastie: Was unterscheidet die Techniken?

Bei der Vertebroplastie wird meist in Lokalanästhesie unter Röntgensichtkontrolle von einem Radiologen eine dicke Hohlnadel über den Wirbelbogen direkt in den Wirbelkörper eingeführt und dünnflüssiger Knochenzement unter hohem Druck eingespritzt, der sich um die Splitter des brüchigen Wirbels verteilt. Der Knochenzement (PMMA= Polymethylmethacrylat) besteht aus einem Kunststoff, der unter Wärmeentwicklung rasch aushärtet und dem brüchigen Wirbel Stabilität verleiht.

Die Vertebroplastie ist der Vorläufer der Kyphoplastie, die meist in Vollnarkose und unter Röntgensichtkontrolle von einem Ärzteteam aus Osteologen (Spezialisten für Knochenerkrankungen), Radiologen und Orthopäden durchgeführt wird. Über den gleichen Zugang wie bei der Vertebroplastie wird zunächst eine Arbeitskanüle zum Wirbelkörper vorgeschoben, durch den ein Ballonkatheter eingeführt wird. Der Ballon wird mit einem Röntgenkontrastmittel aufgeblasen, wodurch im Wirbelkörper ein Hohlraum entsteht. Im nächsten Schritt wird die Flüssigkeit abgelassen und der Ballon entfernt. Mit niedrigem Druck wird ein zähflüssiger biologischer Knochenzement, auch Biozement genannt (Hydroxylapatit), in den Hohlraum eingefüllt. Alternativ wird auch PMMA-Knochenzement verwendet. Durch diese Maßnahme kann der Wirbelkörper stabilisiert und im Idealfall wieder vollständig aufgerichtet werden.

Rasche Schmerzreduktion bei beiden Verfahren

Bei 85–95 % der Patienten ist ein schneller Schmerzrückgang sowohl bei der Vertebroplastie als auch bei der Kyphoplastie zu verzeichnen. Für Kyphoplastien wurde festgestellt, dass 60 % der Patienten keine Schmerzmedikamente mehr benötigten, 30 % völlig schmerzfrei waren und 10 % noch Beschwerden hatten. Die Patienten können erfreulich rasch mobilisiert werden.

Bei welcher Indikation ist eine Kyphoplastie angezeigt, bei welcher eine Vertebroplastie?

Diese treten vorzugsweise am Übergang der Brustwirbelsäule zur Lendenwirbelsäule auf. Durch Verminderung des Kalksalzgehaltes der Knochen entsteht eine Veränderung der Knochenstruktur, wodurch die Wirbel an den Punkten stärkster Belastung in sich zusammensacken, was man als „sintern“ bezeichnet. Die starken Schmerzen sind durch die ständige Reizung der Knochenhaut (Periost) zu erklären.

Die Mehrzahl dieser osteoporotischen Wirbelkörperfrakturen heilen in wenigen Wochen unter Gabe von Schmerzmitteln (nach WHO-Schema) ab. Lediglich 10–20 % der Patienten sprechen nicht auf eine konservative Schmerztherapie an und leiden nach 3–6 Wochen noch unter quälenden Schmerzen.

In diesen Fällen kommt die Kyphoplastie in Betracht.

Sie wird auch angewandt, wenn ein weiteres Einbrechen des Wirbels zu befürchten ist. Idealerweise sollte das Verfahren in den ersten 4–10 Wochen nach der Fraktur durchgeführt werden, da dann die Aufrichtung des Wirbelkörpers wahrscheinlicher ist. Zuvor werden degenerative Wirbelsäulenerkrankungen als Ursache für die Beschwerden ausgeschlossen. Ein Team aus Osteologen, Radiologen und Orthopäden berät gemeinsam in jedem Einzelfall, ob eine Kyphoplastie sinnvoll und technisch machbar ist.

Die Kyphoplastie ist also vorzugsweise in folgenden Fällen sinnvoll:

Die Vertebroplastie wird heute vorzugsweise bei älteren Wirbelkörpereinbrüchen zur Stabilisierung angewandt, da in diesen Fällen eine Aufrichtung des Wirbelkörpers nicht mehr zu erwarten ist.

Für tumorbedingte (gutartige, bösartige und Metastasen) Wirbelkörperbrüche werden beide Verfahren eingesetzt.

Gegenanzeigen für Kyphoplastien und Vertebroplastien

Absolut:

Relativ:

Komplikationen

Einige bedeutsame Risiken gilt es zu beachten:

Insgesamt liegt die Komplikationsrate für die Kyphoplastie bei 0,4 % pro Patient. Davon beträgt die Wahrscheinlich, eine Lungenembolie zu erleiden 4,6 %, die Wahrscheinlichkeit für einen Zementaustritt weniger als 10 %.

Nachbehandlung und Kosten

Die Patienten können meist nach 5 Tagen ohne Korsett die Klinik verlassen. Die medikamentöse Therapie der Osteoporose bleibt unberührt und muss weiterhin erfolgen. Erforderlich sind Nachkontrollen im Abstand von zunächst 1, 3, 6 und 12 Monaten, danach einmal jährlich. Die Kosten betragen bei der Vertebroplastie ca. 300 €, bei der Kyphoplastie wegen des höheren Aufwands 3.000 €; sie werden in den meisten Fällen von den Krankenkassen übernommen. Eine vorherige Anfrage bei der Krankenkasse ist jedoch zu empfehlen.

Behandlung von Gelenk-, Muskel- und Sehnenschmerzen

Bei Gelenk-, Muskel- und Sehnenschmerzen, die mit einer akuten oder lang andauernden Entzündung einhergehen, wird häufig eine Behandlung mit Diclofenac empfohlen [1]. Eine Entzündung erkennt man an einer Überwärmung und Rötung des betroffenen Körperteils, einer Schwellung und an der schmerzhaft eingeschränkten Funktion. Diese Entzündung ist häufig Folge einer lang andauernden Fehl- oder Überbelastung des Körperteils.

Der Wirkstoff Diclofenac wirkt stark entzündungshemmend und etwas schwächer schmerzlindernd [1]. Besonders Gele, Salben und Sprays sind eine beliebte Anwendungsform in der Selbsttherapie. Diese sogenannten topischen Darreichungsformen haben den großen Vorteil, dass sie direkt auf die schmerzhaft entzündete Stelle aufgetragen werden können und dort ihre hohe Wirkstoffkonzentration entfalten können. Diclofenac findet sich zum Beispiel in „Voltaren Schmerzgel forte“ oder in „Diclofenac Heuman Gel“ oder in „Diclofenac ratiopharm Gel“. Diese Gele oder Cremes können mehrmals täglich dünn auf das betroffenen Körperteil aufgetragen werden. Die Gefahr eine Überdosierung besteht praktisch nicht.

Quellen:

Grifka & Schäfer, Unfallchirurgie, 9. Auflage von 2013, Springer-Verlag
Predel HG., et al.: Efficacy of a comfrey root extract ointment in comparison to a diclofenac gel in the treatment of ankle distortions: Results of an observer-blind, randomized, multicenter study. Phytomedicine. 2005; 12:707-714
http://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=37441
https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Was-ist-Kyphoplastie.7630.0.html
http://flexikon.doccheck.com/de/Kyphoplastie
https://edoc.ub.uni-muenchen.de/7056/1/Hierl_Franz.pdf

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