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Reizblase (Frau): Definition, Ursachen & Therapie

Die Reizblase zeichnet sich durch starken und häufigen Harndrang aus und kann mit oder ohne ungewollten Abgang von Urin  (Harninkontinenz) einhergehen. Das Beschwerdebild betrifft überwiegend Frauen und kann in jeder Altersgruppe auftreten. Zwar steigt die Häufigkeit des Auftretens mit zunehmendem Alter; trotzdem dürfen Reizblasen-Symptome nicht als reine Altersbeschwerden abgetan werden. Zudem gehen viele Frauen fälschlicherweise davon aus, dass keine Therapieoptionen existieren. Ein frühzeitiges Aufsuchen einer Frauenärztin oder eines Kontinenz-Zentrums ist jedoch wichtig, um eine geeignete Behandlungsstrategie einzuleiten. Je länger damit gewartet wird, desto schwieriger eine erfolgreiche Therapie.

Folgender Artikel wird über das Krankheitsbild der weiblichen Reizblase aufklären und mögliche Behandlungsstrategien vorstellen.

Synonyme:
überaktive Blase, hyperaktive Blase, instabile Blase
Engl.:
Overactive Bladder (OAB)
ICD-Code für diese Krankheit: N32.8
Verbreitung in der weiblichen Bevölkerung:
Häufig (8-42%) [1]
Geschlechterverteilung:
Frauen etwa doppelt so häufig betroffen als Männer [2].
Altersverteilung:
Häufigkeit steigend mit zunehmendem Alter.
Häufigste Ursachen: unbekannt
Selbstdiagnose möglich:
Ja. Zur Ursachenabklärung jedoch Arzt erforderlich.
Selbstbehandlung ausreichend:
Je nach Ursache und Schweregrad.
Ab welchen Symptomen zum Arzt:
Bei Schmerzen oder Fieber, bei anhaltendem Beschwerdebild oder unwillkürlichem Abgang von Urin.

 

Symptome einer Reizblase

Klassische Symptome einer Reizblase sind häufiges Wasserlassen (erhöhte Miktion = mehr als 10 Miktionen pro Tag) auf Grund eines plötzlich einsetzenden und starken Harndrangs, der schwer bis garnicht zu unterdrücken ist (imperativer Harndrang) [2]. Die Beschwerde des Harndrangs tritt gegebenenfalls auch nachts auf und kann so zu einer erhöhten Tagesmüdigkeit führen.

Die Reizblase kann mit oder ohne ungewolltem Urinverlust (Harninkontinenz) einhergehen. Kommt es im Rahmen der Reizblase zu einer Harninkontinenz, so liegt definitionsgemäß eine Dranginkontinenz vor.

 

Die Funktion der Blase verstehen

Die Blase ist ein muskuläres Hohlorgan, das der Speicherung von Urin dient. Sie befindet sich im kleinen Becken und kommt hier über dem Beckenboden zu liegen.

Sie steht mit den paarig angelegten Nieren über die Harnleiter in Verbindung. Die Nieren sind die Produktionsstätte des Urins; die Harnleiter leiten diese in die Blase.

Wenn es zum Harndrang und somit zum Aufsuchen einer Toilette kommt, wird der Urin über die Harnröhre ausgeschieden. Damit dies vonstattengehen kann, müssen sich die Schließmuskel am Ausgang der Blase entspannen und der Blasenkörper zusammenziehen (anspannen). All dies wird über zahlreiche Nervengeflechte und Hirnareale gesteuert.

Normalerweise kann die Blase 300 bis 600 ml Urin aufnehmen, bevor es zum Harndrang kommt [3]. Bei der Reizblase kommt es aus verschiedenen Gründen bereits während der Füllungsphase zu einem verfrühten Harndrang und einem Zusammenziehen des Blasenmuskels. Es liegt somit eine Überaktivität (Hyperaktivität) des Blasenmuskels vor; dies erklärt, warum die Reizblase auch als hyperaktive oder überaktive Blase bekannt ist.

Ursachen der Reizblase

In den meisten Fällen lässt sich bei der Reizblase keine fassbare Ursache finden [1][4]. Sie ist somit auf funktionelle Störungen zurückzuführen.

Wichtig ist jedoch zu verstehen, dass organische Erkrankungen zu ähnlichen Symptomen führen können. So können beispielsweise Blasenentzündungen, Blasensteine oder Tumorerkrankungen im Bereich des kleinen Becken mit ähnlichen Symptomen einhergehen.

Es ist daher nötig bei Symptomen der Reizblase mögliche Grunderkrankungen auszuschließen; die Diagnose „Reizblase“ stellt demnach eine Ausschlussdiagnose dar.

In der Fachliteratur häufen sich die Hinweise, dass Reizblasen-Beschwerden bei der Frau mit Hormonmangel in der Menopause zusammenhängen [2][5].

Man weiß heute außerdem, dass Alter und Übergewicht Risikofaktoren für die Entstehung einer Reizblase darstellen [1].

 

Vorgehen bei Symptomen der Reizblase

Bei anhaltenden Symptomen einer Reizblase sollte immer ein Arzt aufgesucht werde. Dieser wird sich durch ein ausführliches Gespräch über die Art der Beschwerden, ein Bild über möglichen Ursachen machen. Wichtig ist es, dem Arzt alle Medikamente zu nennen, die eingenommen werden, da viele Mittel (z.B. „Wassertabletten“, Schlafmittel, Blutdruckmedikamente) Einfluss auf die Blasenfunktion haben können [5].

In der Regel wird der Arzt ein Urintest sowie eine Ultraschalluntersuchung der Harnwege durchführen, um ursächliche Erkrankungen (siehe oben) abzuklären. In manchen Fällen ist auch eine Blasenspiegelung von Nöten; hierbei wird eine kleine Kamera in das Innere der Blase eingeführt um die dortige Schleimhaut zu beurteilen.

Oft wird die Patientin gebeten, ihr Trinkverhalten sowie Toilettengänge über einen gewissen Zeitraum zu notieren; das heißt genau zu protokollieren, wann und wieviel Flüssigkeit getrunken und ausgeschieden wird.

Wird aufgrund der Beschwerden und Untersuchungsergebnisse eine Reizblase diagnostiziert, so wird eine entsprechende Therapie eingeleitet.

 

Therapie der Reizblase

Da die Reizblase nicht auf eine klare körperbedingte Ursache zurückgeführt werden kann, basiert die Therapie vordergründig auf einem sogenannten Verhaltenstraining.

Dieses sollte von einem Arzt angeleitet werden und beinhaltet ein sogenanntes Blasentraining. Vorrangiges Ziel ist hierbei, einsetzendem Harndrang nicht direkt nachzugehen, sondern das Wasserlassen hinauszuzögern, um Gewohnheitsmuster abzubauen und die Blase an größere Füllmengen zu gewöhnen.

Bei Frauen ist in einzelnen Fällen außerdem ein zusätzliches Beckenbodentraining hilfreich [5]. Um starken Harndrang standhalten zu können, benötigt es einen gut funktionierenden Schließmuskelapparat der Blase. Da dieser teilweise durch die Beckenbodenmuskulatur gebildet wird, ist ein entsprechendes Beckenbodentraining hilfreich um den Schließmechanismus zu stärken. Reicht dies nicht aus, so stehen Verfahren, wie z.B. die Elektrosimulationen oder das Biofeedback-Training zur Verfügung, um das Beckenbodentraining zu unterstützen [1]. Bei der Elektrostimulation wird die Beckenbodenmuskulatur im Dammbereich passiv und schmerzfrei stimuliert. Beim Biofeedback kann die Patientin die aktive Anspannung der Beckenbodenmuskulatur über visuelle oder akustische Signale verfolgen.

Ein weiterer Therapiezweig der Reizblase bildet die medikamentöse Therapie. Hierbei spielen vor allem sogenannte Anticholinergika (z.B. Oxybutin) eine Rolle; dies sind Medikamente in Tablettenform, die die unwillkürliche Aktivität des Blasenmuskels hemmen. Da Anticholinergika (wie alle Medikamente) nicht frei von Nebenwirkungen sind, sollte die Einnahme mit dem behandelnden Arzt gründlich besprochen werden.

Der Einsatz von Hormonpräparaten muss bei jeder Frau individuell, je nach Nutzen-Risiko-Verhältnis, entschieden werden.

Therapie letzterer Wahl ist eine sogenannte Botulinumtoxin A Therapie. Hierbei handelt es sich um ein Nervengift, das direkt in den Blasenmuskel gespritzt wird um dortige Nervenaktivität zu hemmen. Die Wirkung tritt nach etwa zwei Wochen ein und hält bis zu einem Jahr an [1]. Der Eingriff ist nicht frei von unerwünschten Nebenwirkungen.

Eine moderne From der Therapie stellt eine sakrale Neuromodulation („Blasenschrittmacher“) dar. Hierbei wird nahe des Steißbeins (Sakrum) eine Elektrode platziert, die die blasenversorgenden Nerven so stimuliert, dass die Überaktivität der Blase reduziert wird [1].

 

Quellenangaben

[1] A. Tiemann: „Überaktive Blase.“, https://www.urologenportal.de/patienten/patienteninfo/patientenratgeber/harninkontinenz.html, 05.01.2019

[2] „Die Reizblase: Ein Symptomkomplex.“, https://www.der-niedergelassene-arzt.de/medizin/die-reizblase-ein-symptomenkomplex/category-14/496,816/4cdd207f0d01b49027c6e4888575514f/, 05.01.2019

[3] „Blasenschwäche bei Frauen: So funktioniert die Blase.“, http://www.bgv-blasenschwaeche.de/blase.html, 05.01.2019

[4] „Reizblase: LED-Licht in der Blase könnte Harndrang stoppen.“, https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/100161/Reizblase-LED-Licht-in-der-Blase-koennte-Harndrang-stoppen, 05.01.2019

[5] H. Kölb: „Die Reizblase in der Gynäkologischen Praxis.“,  https://www.kup.at/kup/pdf/232.pdf. 05.01.2019

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