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Künstliches Kreuzband – Definition, Vor- und Nachteile & Tipps

Definition:

Als künstliches Kreuzband werden alle Implantate bezeichnet, die eingesetzt werden, um das vordere oder hintere Kreuzband nach einer Ruptur zu ersetzen. Die Ruptur kann durch Überbelastung, Fehlbelastung, Degeneration oder Unfall eingetreten sein. Bei der Ruptur des Kreuzbandes durch Unfall sind die weiteren Therapiemaßnahmen im Kontext der Gesamtbeschädigung und der kausalen Zusammenhänge zu berücksichtigen. Wenn wichtige Bereiche der Kniegelenke ebenfalls beschädigt sind, dann ist zu prüfen, ob sie ebenfalls ersetzt oder operativ wieder hergestellt werden müssen. Rupturen des vorderen Kreuzbandes sind weitaus häufiger, als die des hinteren Kreuzbandes. Der Kreuzbandriss ist die häufigste Sportverletzung des Knies überhaupt. Rein statistisch betrachtet passiert in Deutschland im Jahresdurchschnitt alle 6,5 Minuten ein Riss des vorderen Kreuzbandes, bei zirka 30 Prozent davon ist der Meniskus ebenfalls geschädigt.
Die Diagnose einer Ruptur des Kreuzbandes ist nicht in jedem Fall ganz einfach. Selbst wenn das Knie bei manueller Prüfung stabil erscheint, kann das vordere Kreuzband gerissen oder stark angerissen sein. Mitunter kann es geschehen, das die Ruptur des Kreuzbandes für ein bis zwei Monate unentdeckt bleibt und auf Grund der äußeren Symptome fehlerhaft auf Verstauchung des Gelenks oder Bluterguss durch Prellung diagnostiziert wird. Auf einer Röntgenaufnahme sind die Kreuzbänder nicht erkennbar, so dass eine sichere Diagnose nur durch MRT oder diagnostische Arthroskopie möglich ist.
Ein Kreuzband kann künstlich nur durch eine operative Therapie eingesetzt werden. Dabei stehen dem Operateur verschiedene Materialien und entsprechende Operationstechniken zur Auswahl. Die Reste des früheren Kreuzbandes werden vollständig beseitigt und durch ein neues Band ersetzt, welches mit Hilfe von Knochenkanälen an den Schenkelknochen befestigt wird.
Autologe Transplantate werden dem eigenen Körper des Patienten entnommen. Verwendet wird die Patellasehne, die Sehne des vierköpfigen Oberschenkelmuskels, die Sehne der hinteren Skelettmuskulatur des Oberschenkels, oder Faserzüge aus der Bindegewebehülle. Alle autologen Transplantationen sind hoch invasiv. Sie haben sich jedoch auf Grund der hohen Erfolgsrate durchgesetzt. Die weiteren Möglichkeiten sind synthetische Materialien aus Polyester, Gore-Tex, Kohlenstofffasern, Polypropylen oder aus Rinderkollagen. Diese Materialien führten häufig durch Abrieb von Mikroteilchen zu postoperativen Entzündungen und Abstoßungsreaktionen.
Als allogene Transplantate oder Allograft bezeichnet man die Sehnen von Verstorbenen. Hier kommen auch die Achillessehne und Sehne des vorderen Schienbeins zum Einsatz, die als Ersatz für das vordere Kreuzband sehr gut geeignet sind. Die aus dem tiefgekühlten Zustand heraus verwendeten Sehnen bewirken keine Abstoßungsreaktion.
Als beste Operationsmethode hat sich in jüngster Vergangenheit die Doppelbündeltechnik herausgebildet, die statt einem Sehnenbündel zwei Sehnenbündel mit je zwei Befestigungskanälen in den Knochen verwendet.

Vor- und Nachteile

Autologe und allogene Transplantate haben sich mit einer Erfolgsquote von fast 90 Prozent in der operativen Praxis der Orthopäden bewährt. Die synthetischen Implantate befinden sich mit einer Fehler- und Rückfallquote von etwa 50 Prozent auf dem Rückzug. Die häufigste Komplikation der synthetischen Implantate ist der erneute Abriss wegen Überbelastung und die entzündliche Reaktion in der inneren Schicht des Gelenkes. Die Zahl der autologen Implantate ist der der Allografts weit überlegen (statistisch etwa doppelt so hoch), weil es nicht ausreichend viele Spender gibt.
Die Entnahme des Spendermaterials aus dem eigenen Körper des Patienten ist häufig mit zusätzlichen Belastungen verbunden, die präoperativ mit ihm zu besprechen sind. Je nach dem, an welcher Stelle des Körpers die Sehne entfernt wird, können nach der Operation postoperative Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen auftreten. Die postoperative Betreuung muss in jedem Fall eine Physiotherapie zur Wiederherstellung der Funktionalität von Muskeln und Sehnen des betroffenen Bereiches enthalten.

Tipps

Vor der Transplantation eines neuen Kreuzbands aus künstlich eingesetztem Material sollte die zu erwartende Belastung des Kreuzbandes nach der Operation, die körperliche Konstitution des Patienten einschließlich seiner Bereitschaft zur Mitarbeit in der Therapie und die operativen und logistischen Möglichkeiten der Klinik berücksichtigt werden. Viele Orthopäden und Chirurgen spezialisieren sich auf eine der möglichen Methoden und nicht jeder Chirurg beherrscht alle Methoden. Vor der operativen Therapie sollten alle Details der Diagnose und der Therapieform zwischen Patient und Orthopäden abgesprochen werden.

Künstliches Kreuzband – Definition, Vor- und Nachteile & Tipps
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