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Kreuzband ohne OP (konservativ) behandeln – Infos & Tipps

Ein Kreuzbandriss muss nicht in jedem Fall operativ therapiert werden. Eine schwedische Studie aus dem Jahre 2011 im New England Journal of Medicine berichtete über 120 Patienten zwischen 18 und 35 Jahren mit Kreuzbandabriss, die nach Absprache und deren Einverständnis zur Hälfte operativ und zur Hälfte konservativ therapiert wurden. Ein Beurteilungsverfahren, bei dem Patienten postoperativ über Beschwerden und Beeinträchtigungen urteilen sollten, ergab nach etwa zwei Jahren nicht nur Gleichstand, sondern sogar einen geringfügigen Vorteil für die konservative Behandlung. Die Studie wird kontrovers debattiert, weil nach Ansicht der Vertreter der operativen Therapieform nicht berücksichtigt wurde, welche Therapie das Knie dauerhaft gesünder macht und welche unter Umständen eine frühzeitige Arthrose begünstigt. Langfristige Meniskusschäden seien nicht erforscht und für Leistungssportler käme eine sechsmonatige bis zweijährige Pause nicht in Frage. Aber eines hat die Studie der schwedischen Ärzte klargestellt: Operative Therapie bei Kreuzbandriss ist nicht die einzige Option. Man kann Probleme am Kreuzband auch konservativ behandeln.

Info

Darüber hinaus hat sich noch eine zweite Möglichkeit ergeben. Die sogenannte „Healing Response“ – Methode des bekannten amerikanischen Chirurgen Richard Steadman aus Colorado. Sein minimal-invasiver operativer Eingriff setzt auf die Wirkung von Stammzellen am verletzten Kreuzband. Das Kreuzband wird unmittelbar nach dem Unfall reponiert und das umliegende Knochengewebe geöffnet, so dass eine starke Knochenmark Blutung entsteht. Die austretenden Stammzellen reparieren das verletzte Kreuzbandgewebe bei leichter Belastung des Knies und Wiederaufnahme von leichtem Training nach wenigen Tagen. Die Verletzungspause ist kurz und die Steigerung der Trainingsbelastung bis zur Vollbelastung geht vergleichsweise schnell.
Insbesondere dann, wenn das Kreuzband nur teilweise gerissen ist, oder die Art der Verletzung Aussicht auf Heilung des Kreuzbands ohne OP zulässt, kann „Abwarten“ besser sein, als schnell operieren. In den sechs bis acht Wochen bis zur Entscheidung wird das Bein mit dem verletzten Kreuzband geschient. Leichte Belastungen und leichtes Auftreten mit Unterstützung durch Stützkrücken sind in dieser Zeit zulässig. Lässt sich nach der sogenannten Primärheilungsphase im Rahmen der klinischen Untersuchung diagnostizieren, dass der Anschlag des vorderen Kreuzbandes wieder gegeben ist, dann kann die konservative Therapie fortgesetzt werden. Wenn die Untersuchung den Totalabriss und unter Umständen eine Mitbeteiligung des Meniskus ergibt, ist eine operative Therapie unausweichlich, um einer frühen Arthrose vorzubeugen. Nach den bisherigen statistischen Ergebnissen ist bei zirka 30 – 40 % der Fälle nach sechs bis acht Wochen keine Operation zwingend erforderlich, bei etwa der Hälfte der konservativ behandelten Patienten auch nicht nach mehreren Monaten. Bei zirka 20 bis 30 Prozent der Kreuzbandrisse kann eine konservative Therapie ausreichen. Patient und Orthopäde müssen gemeinsam abwägen, ob der Vorteil der schnellen Operation und schnellen Wiederherstellung der vollen Belastbarkeit für den Patienten sinnvoller ist, oder der Vorteil der Vermeidung einer Operation.
Neben der körperlichen und gesundheitlichen Konstitution des Patienten spielen hierbei auch die zu erwartende Belastung des Knies nach der Operation und die Lebensumstände des Patienten eine Rolle. Ein Leistungssportler hat in diesem Zusammenhang andere Ziele als ein Manager. Die konservative Therapie der Beschädigung des Kreuzbandes kann durch weitere Therapieformen sinnvoll unterstützt werden. Physiotherapeutische Übungen zum Aufbau der umliegenden Muskeln helfen bei der Entlastung des Knies, Stoßwellentherapie und Magnetfeldtherapie fördern die Durchblutung und den Stoffwechsel im beschädigten Gewebe und Bandagen und Kinesiotapes stützen die Bänder in der Heilungsphase. Welche Maßnahmen sich auf Grund der vorliegenden Diagnose erforderlich machen, das entscheiden der Therapeut und der Orthopäde gemeinsam mit dem Patienten.

Tipps

Die Entscheidung über operative oder konservative Therapie sollte nach sechs bis acht Wochen getroffen werden. Auch bei operativer Therapie muss zunächst die Schwellung und eventuelle Blutergüsse abgeklungen sein. Erst danach ist ein operativer Eingriff möglich. Wenn die Diagnose nicht zwingend eine Operation erfordert, dann kann die konservative Therapie zur Anwendung kommen, wobei auch langfristig in regelmäßigen Abständen zu prüfen ist, ob eine nachträgliche operative Therapie notwendig wird. Beschädigungen an den Menisken oder am Knorpel des Knies, die durch den Kreuzbandriss verursacht sind, können eine spätere Operation dennoch erforderlich machen.

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