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Kniemuskeln | Muskelaufbau der Kniemuskulatur | Anatomie und Aufbau

Im Kniegelenk verbinden mehrere Arten von Weichgewebe die beiden längsten knöchernen Hebelarme des Skeletts. Dazu bedarf es einer komplex aufgebauten und kräftigen Muskulatur, die sowohl die Beweglichkeit gewährleistet als auch – gemeinsam mit dem ausgeprägten Bandapparat – für die nötige Stabilität sorgt.

Anatomischer Aufbau der Kniemuskulatur

Auf das Kniegelenk wirken acht Muskeln, von denen einige aus mehreren Teilmuskeln bestehen. Der Muskelaufbau am Knie entspricht dem der restlichen Skelettmuskulatur: Außen ist der Muskel von einer Hülle aus Bindegewebe, der Faszie, umgeben. Am oberen und unteren Ende eines jeden Muskels befindet sich eine Sehne, welche die Verbindung zum Knochen herstellt. Dazwischen liegt der Muskelbauch, der kontrahieren, d.h. sich zusammenziehen kann. Hauptsächlich besteht er aus quergestreiften Skelettmuskelzellen: Sie sind dem bewussten Willen unterworfen, da sie vom Zentralnervensystem aus gesteuert werden. Sie können schnell kontrahieren, ermüden aber auch schnell, und sind an keinen Rhythmus gebunden. Die Muskelzellen lagern sich zu Muskelfaserbündeln zusammen, die voneinander durch Bindegewebe abgegrenzt sind. In diesen Grenzstrukturen verlaufen die Blutgefäße, die den Muskel ernähren.

Anatomische Lage der Kniemuskulatur

Das Knie kann vier verschiedene Bewegungen ausführen: Beugung (Flexion), Streckung (Extension), Innen- und Außenrotation. Für jede Bewegungsrichtung ist ein eigener Muskel bzw. eine Muskelgruppe zuständig. Um sich die Hebelwirkung und damit die Lage der Beuge- und Streckmuskeln am Knie zu veranschaulichen, reicht ein einfacher Selbstversuch: Wenn man sein Hosenbein vorn an der Schienbeinseite anfasst und daran zieht, streckt sich das Knie, beim Zug hinten an der Wadenseite beugt es sich. Nach demselben Prinzip setzen die Strecker vorn und die Beuger hinten am Unterschenkel an. Ihren Ursprung haben alle Kniemuskeln entweder am Oberschenkel- oder an den Beckenknochen. Der Strecker des Kniegelenks ist der vierköpfige Oberschenkelmuskel (Musculus quadriceps femoris). Er besteht aus vier Teilmuskeln: Der gerade Muskel (Musculus rectus femoris) zieht vom Beckenknochen aus über die Vorderseite des Oberschenkels, während die drei breiten Muskeln (Musculus vastus medialis, intermedius und lateralis) am Schaft des Oberschenkelknochens entspringen. Alle vier vereinigen sich zu einer gemeinsamen Sehne, die sich über die Kniescheibe spannt, um an der Tuberositas tibiae, einem tastbaren Höcker direkt unterhalb des Knies, anzusetzen. Der einzige reine Beuger des Kniegelenks ist der zweiköpfige Wadenmuskel (Musculus gastrocnemius). Seine beiden Teilmuskeln entspringen über den Gelenkfortsätzen des Oberschenkelknochens und setzen am Fersenbein an. Sie bilden die von außen sichtbare Wadenrundung. Sowohl für die Beugung als auch für die Außenrotation des Unterschenkels ist der zweiköpfige Oberschenkelmuskel (Musculus biceps femoris) zuständig, dessen kurzer Kopf nur auf das Kniegelenk wirkt, während sein langer Kopf auch an der Streckung des Hüftgelenks beteiligt ist. Fünf weitere Muskeln bewirken die Beugung und Innenrotation des Unterschenkels: Der Schneidermuskel (Musculus sartorius) zieht vom Darmbein bis zum Pes anserinus an der Innenseite des Schienbeins. Er wirkt also auf Hüft- und Kniegelenk, ebenso wie der schlanke Muskel (Musculus gracilis), der vom Schambein aus zur selben Ansatzstelle zieht. Sowohl der Halbsehnenmuskel (Musculus semitendinosus) als auch der Plattsehnenmuskel (Musculus semimembranosus) beginnen am Sitzbein und enden in Knienähe am Schienbein, so dass sie das Hüftgelenk strecken und das Kniegelenk beugen können. Der tief liegende, kurze Kniekehlenmuskel (Musculus popliteus) spannt sich vom äußeren Oberschenkelfortsatz zur Innenseite des Schienbeins direkt unterhalb des Knies und ist vor allem für die Innenrotation verantwortlich.

Funktion der Kniemuskulatur

Die Beugung des Kniegelenks ist praktisch unbeschränkt, lässt sich aber nicht in jeder Position in vollem Umfang nutzen. Die aktive Insuffizienz der ischiocruralen Beuger sorgt dafür, dass das Knie bei gestreckter Hüfte nicht maximal gebeugt werden kann, da sich diese Muskeln nicht unbegrenzt verkürzen können. Andererseits ist die passive Insuffizienz (begrenzte Dehnbarkeit) derselben Muskelgruppe dafür verantwortlich, dass bei gestrecktem Knie keine volle Beugung der Hüfte möglich ist. Die Streckung des Kniegelenks wird hingegen vom Bandapparat begrenzt und ist in der Regel nur bis zur Neutral-Null-Stellung möglich. Das Drehmoment des streckenden Musculus quadriceps femoris übersteigt die der gesamten Beuger. Dies ist notwendig, da die Beuger beim Gehen nur den Unterschenkel anheben, während die Strecker das gesamte restliche Körpergewicht bewältigen müssen.

Verletzungen der Kniemuskulatur

Durch zu starke oder falsche Belastung können die Muskeln rund um das Knie überdehnt werden oder sogar teilweise reißen. Diese Verletzungen treten häufig bei Sportarten wie Fußball, Sprint oder Tennis auf. Bei einer Muskelzerrung wird das Gewebe nicht geschädigt, sondern nur unphysiologisch gedehnt. Von einem Muskelfaserriss spricht man nicht etwa, wenn nur eine Muskelfaser reißt, sondern wenn ein ganzes Faserbündel oder zumindest viele Muskelfasern auf einmal geschädigt werden. Dabei kommt es zu Einblutungen in das umgebende Gewebe, es treten lokale Entzündungserscheinungen auf und die Muskelkraft wird vermindert. Durch ein besonders starkes Trauma kann in seltenen Fällen auch ein kompletter Muskel abreißen. Muskelzerrung, Muskelfaserriss und Muskelabriss sind also drei verschiedene Schweregrade ein und derselben Verletzung. Kennzeichen sind starke Schmerzen direkt nach der Verletzung, die auch in Ruhe bestehen bleiben, Schwellung, Einblutungen und Kraftverlust. Die sogenannte PECH-Regel fasst die angebrachten Sofortmaßnahmen zusammen: Pause, Eis, Kompression und Hochlagern. Zerrungen und Muskelfaserrisse haben eine hohe Spontanheilungsrate, wenn die betroffenen Gliedmaßen lange genug geschont werden.

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